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Franz Kapfer: Ja. Also soll ich mit der ersten
Frage beginnen?
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Heimo Zobernig: Ja.
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Ok.
Grundsätze /Stellung der Ausbildung der modernen Gesellschaft?
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Das ist die Frage?
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Ja ich verstehe die Frage auch nicht ganz…….
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Grundsätzlich was für die Ausbildung in
der modernen Gesellschaft bedeutet?
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Grundsätze/ Stellung oder grundsätzlich Stellung einer Ausbildung
in der modernen Gesellschaft?
- Hat eine
große Stellung; das alles,
was wir an unseren Kulturleistungen zustande bringen, passiert natürlich
auf Bildung und das hat sich über die
Traditionen entwickelt. In manchen Fällen auf ein tolles Niveau,
die man so eigentlich nachjustieren
müsste. Das ist ein permanenter Prozess, wo man mehr überlegen muss,
wieviel man da investiert , also dass man da eben genügend und ausreichend in diesen Bereich
investiert.
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Die grundsätzliche Stellung der Ausbildung in der zeitgenössischen
Kunst?
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Also der Akademismus ist eigentlich die Grundlage unserer gegenwärtigen Kunst.
Wir stehen ja in dieser Tradition, so
diese historische Bezüge zunehmen und historische Bezüge nehmen kann
man natürlich nur über Bildung, über Wissen und über Wissensvermittlung. Und viele Kunst, die wir
heute sehen, wird ja eigentlich nur
verständlich wenn man sich
dieser historischen Bedingungen bewusst
ist.
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Heißt das,
dass man ohne akademische
Ausbildung keine Kunst machen könnte?
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Nun ja, es
muss ja jetzt nicht unbedingt die Kunstakademie sein die da als
Bildung die Grundlage bildet . Es
sind ja die verschiedensten Herangehensweisen möglich und so wie
wir die Praxis auch kennen kommen ganz
viele aus der Geisteswissenschaft. Und wenn manche aus dem Handwerk kommen, so
sind das eben auch profunde Kenntnisse die eine Basis bilden.
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Die ist aber
momentan eine Ausnahme die handwerkliche Liga?
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Na ja das sehe ich nicht ganz so. Also wenn ich
jetzt vergleiche, bei den Studenten die ich so hab, haben die einen großen Anteil , die Fachschulen
abgeschlossen haben etc. Steinmetze gibt es gerade in der Bildhauerei die
Gesellenbriefe haben.
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Das
Verhältnis von praktischer und theoretischer Ausbildung?
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Also in der Zeit in der ich studiert habe hatte
Theorie natürlich schon einen relativ großen Stellenwert und auch für mich hat sie einen
großen Stellenwert gehabt. Auch weil für mich die Entscheidung auch nicht so eindeutig war, ob ich jetzt so einen
bildenden Künstler anstrebe oder
mich mit Literatur befassen werde. Nicht so sehr , dass ich in mir ein Talent
entdeckt hätte selber zu schreiben, aber ich war ein begeisterter
Leser und da hab ich mir gedacht ,
das wäre vielleicht etwas was man studieren könnte. Und habe
da in der Begeisterung vieles an der Akademie und der Uni gesucht wo Entsprechungen da waren . Und da war schon ein Defizit im Angebot der Akademie und ich glaube , dass das zur
Zeit extrem ausgebaut ist.
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Für mich war das Vorlesungspotential fast
inflationär wobei meine Interessen
vornehmlich in der Produktion waren und Vorlesungen für mich nicht
präsent waren, das war für
mich immer das „arbeiten“ wichtiger. Ich bin dann erst auf die Vorlesungen gestoßen , als ich gesehen habe, dass sich das verbinden lässt.
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Ich habe dich dann auch oft gesehen wie Du
dich in die Diskussionen sehr engagiert
eingemischt hast.
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Das war dann als es bei uns in der Klasse theoretische
Diskussionen gegeben hat.
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Aber was
Du meintest dass das Angebot schon Ausmaße angenommen hat, dass es schon
schwer ist sich zu orientieren, das sehe ich schon auch.
Dass es so umfangreich ist, dass man sich verlieren kann, also man
braucht eine
Hilfe, wie man durch das Angebot durchkommt.
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Also ich
meine das nicht als Vorwurf,
aber mir kommt da schon oft vor, dass junge Studenten sich in
dieser Orientierungssuche auf Sachen
theoretisch einlassen, wo die Basis noch gar nicht da ist, das
Verstehen, oder das Umgehen mit der ganzen Materie.
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Nun ja, das
kann man ja irgendwie eigentlich annehmen, das man durch den
Kontakt das Unverständnis überwindet. Man muss da sicher ins
kalte Wasser springen, allerdings
ist es
gut wenn das Engagement aus
einem Interesse heraus kommt, das dass jetzt nicht ein quantitatives
Auffüllen bedeutet sondern dass
das aufbaut und über
Qualitäten sich eben
orientiert.
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Empfohlene
theoretische Disziplin für die Ausbildung im künstlerischen Feld?
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Also das ist sehr weit und so weit kann auch die
Antwort sein. Dass es natürlich auch darum geht, zu entdecken wo sich die eigenen Vorlieben gut entwickeln
können. Ob man mehr zum Historischen neigt oder
man zum methodischen Theoretisieren
Talente hat. Wir haben da ja unter den StudentInnen einige die das
können, Komplizierte Inhalte kompliziert wiedergeben und das
ist dann interessant wie sich das
entwickeln kann wenn das unterstützt wird, und in der
Bearbeitung eine Fassung kriegt.
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Eine Liste von empfohlenen Texten und Autoren für Studien und Kunstausbildungsinstitutionen ?
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Die
Literatur ist
natürlich unheimlich umfangreich
der man da begegnen kann und da muss man
halt irgendwo mal hineinstechen. Und jedes
Jahr beginnt man auch mit einem neuen Thema was auch eine
neue Literatur bedingt und wenn
man da ein bisschen anfängt ,
dann beginnt man zu erkennen wie Texte miteinander verknüpft sind.
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Vieles spielt sich ja in diesem Leeren und
Lehren in den Fußnoten ab, da
erkennt man ja wie ein
Netzwerk von Gedanken verbunden
ist.
FK:
Im Prinzip braucht man
da eh nur eine umfangreiche Bibliothek die immer wieder auf den neusten Stand erweitert
wird!
Ich
hatte Zeiten, in denen ich sehr
viel französische Literatur gelesen habe. Also die hab ich vorher gelesen, bevor ich die französischen Philosophen begonnen
habe zu lesen , zu denen ich
immer ein etwas skeptisches Verhältnis hatte, und mich an anderen Autoren orientiert.
Weil Camus
und Sartre modern waren?
Nein,
frühere....19
Jahrhundert war für mich
Literatur die mich stark
begeistert hat.
Von den
Philosophen her?
Da bin ich
schon Post-Existenzialist. Die hab ich
wohl schon auch gelesen
in einer Art Nachholbedarf der gymnasialen Bildung. Sartre zählt ja quasi schon zur
Literaturliste der
Sechzehnjährigen.
FK:Die von
Absolventinnen von Kunstausbildungsinstitutionen erwartete Kompetenz?
HZ:Dass sie den
Bereich in den sie sich hineinbewegt haben einigermaßen verstehen,
dass sie eine Selbstermächtigung erreichen und dass sie zu einer kritischen Beurteilung der eigenen Arbeit
in der Lage sind. Das ist
wahrscheinlich das Ziel, dass man
eigentlich wünschen sollte, nach
dem Abgang dieser
Institutionen.
Bis zu welchem Ausmaß werden die Grundsätze/Stellung der Ausbildung
beeinflusst, wenn die
Ausbildungsinstitutionen einer
Transformation, einem
Veränderungsprozess unterliegen von der autonomen,
staatsgestützten Institution zum
Dienstleistungsunternehmen?
Das sind jetzt die ganzen Diskussionen die das
Geld betreffen, die Abhängigkeiten zwischen den öffentlichen
Institutionen und der Ausbildung, aber
es ist natürlich etwas Immanentes dass sich die Schulen und Akademien über
permanente Entwicklungen verstehen zu haben. Dass diese Ausbildungsstrategien
ständig entwickelt werden müssen und an die Verhältnisse
angepasst werden müssen. Es haben sich die Paradigmen in diesem Bereich
extrem gewandelt und die brauchen sicher eine Justierung und da gibt es sicher Entwicklungen
die die Akademie jetzt nicht unbedingt
im Positiven treffen zb, die neuen Strukturen der Bachelor/Master
Ausbildung. Jetzt hat man versucht das Meisterklassenprinzip durch etwas anderes zu reformieren und
aufzuheben, und jetzt kommt das von hinten wieder herein durch die
Masterstudien. Das sind jetzt nicht unbedingt Strukturen, die von außen
auf die Akademie kommen, die den großen Fortschritt bedeuten. Es bedeutet
natürlich, dass diese Strukturen die Akademie vergleichbar mit anderen Universitäten macht. Dass man sich in
dem ganzen Austausch europäischer , amerikanischer und natürlich weiterer Länder, dass man sich da freier bewegen
kann und nicht diese formalen Einschränkungen hat. Wenn man diese
Grundlagen einrichtet, dann gibt es
glaube ich noch immer genug Freiheiten die Lehre zu interpretieren von beiden
Seiten, von Studentenseite und von den Lehrenden her, dass man diese
Bedürfnisse immer wieder
aktualisieren muss.
Als Kunstproduzent in einem System in dem die staatlichen Institutionen
konservativ sind und man nicht über das Kunstweltgeschehen informiert ist, wie ist es dann möglich, das Leute
gute Arbeiten machen? Wie wird man ein moderner Künstler in einem System das die Modernität
negiert oder verweigert, auf jeden Fall nicht fördert?
Jetzt geht man natürlich davon aus, das es eine gewisse Reaktion gibt
zwischen politischen Verhältnissen
und in welchen Gesellschaftsordnungen man sich befindet, aber man muss ja auch
davon ausgehen, dass das Denken den Bürgern ja nicht abgenommen wird und
dass da genügend Potential und
Erinnerungen an Renitenz und Resistenz
gegen unsinnige Ideologien bestehen
bleiben.
FK: Aber wenn man so schaut und auch wenn es in
Tschechien ein bisschen liberaler war für kurze Zeit,
da haben die ja meist zum Eigenvergnügen Kunst gemacht die erst zwanzig,
dreißig Jahre später im
„Westen“ akzeptiert wurde?
HZ: Wenn man diese Vergleiche macht auch gerade
Happening bzw. Fluxus waren ja eine anti-institutionelle Kunst. Und was Du in Tschechien,
Rumänien oder Polen beschreibst,
das man da sämtliche Produktionsmittel in die Hand genommen hat, dass
waren auch die Umstände wie man sie in
New York oder Wien gefunden hat. Also
bei den Autoren fällt da alles zusammen, das Produzieren , das Handwerkliche und daraus
hat sich eben viel Spannendes entwickelt, weil eben nicht mit entfremdeter
Arbeit versucht wurde Kunst entstehen zu lassen, hat ja in diesem
Independent-Film bereich viel entwickelt.
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